Die herrschende Ästhetik ist die Ästhetik der Herrschenden
Franziska von Stenglin
Beiträge zur Künstlerischen Forschung
Eine Veranstaltungsreihe im Rahmen des Forschungs- und Ausstellungsprojektes
Der Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft im Nationalsozialismus ff.
Ausgehend von dem Nachlass Hermann Kaspars, der auf dem Dachboden eines Verwandten von ihr liegt, ist die Künstlerin Franziska von Stenglin momentan dabei, einen Dokumentarfilm zu entwickeln, der sich mit der Relevanz nationalsozialistischer Ästhetiken damals wie heute auseinandersetzt. In einem Werkstattgespräch wird sie ihr work in progress vorstellen, Filmausschnitte zeigen und über die Arbeit an dem Projekt sowie die damit verbundenen, vielfältigen Schwierigkeiten sprechen.
Herrmann Kaspar war einer der erfolgreichsten Künstler des Nationalsozialismus. Er stattete Hitlers „Neue Reichskanzlei“ inklusive seines Arbeitszimmers sowie das Deutsche Museum in München mit aufwändigen Fresken und Mosaiken aus. Das Deckenmosaik mit Hakenkreuzmustern in der Kolonnade des Münchner Hauses der Kunst geht auf ihn zurück, und er versah unter anderem Hitlers Schreibtisch mit Intarsien. In Nürnberg ist noch eine seiner größten Arbeiten aus dem Nationalsozialismus erhalten, ein riesige Deckenmosaik des “Goldenen Saals” mit stilisierten Hakenkreuzen in der Zeppelintribühne des Rechsparteitagsgeländes. Nach Kriegsende setze sich seine Karriere, wie viele seiner Künstlerkollegen, quasi nahtlos fort. Er erhielt zahlreiche lukrative Aufträge von Firmen, der Kirche und dem Bayrischen Staat, viele davon für den öffentlichen Raum. Sein großer Wandteppich “Die Frau Musica”, der noch heute im Foyer der Meistersingerhalle hängt, wurde 1965 im Rahmen eines beschränkten Wettbewerbs seitens des Bayerischen Finanzministeriums in Auftrag gegeben.
Der Untertitel der Veranstaltung, “Die herrschende Ästhetik ist die Ästhetik der Herrschenden”, nimmt Bezug auf den Titel des Beitrags der Studierenden der Kunstakademie in München zu der Ausstellung im Kunstverein München 1970 “Verändert die Welt! Poesie muss von allen gemacht werden!” Das Thema waren die Studierendenprotesten 1968/69 gegen Altnazis wie Hermann Kaspar, die nachwievor an der Kunstakademie in München lehrten.
Franziska von Stenglin, geboren 1984 in München, wuchs in der Tschechischen Republik, in Senegal, Indien und Deutschland auf. Sie studierte Fotografie in London und Kunst an der Städelschule in Frankfurt/Main. Als Künstlerin verknüpft sie in ihren Projekten und Filmen Aspekte ihrer eigenen Biografie mit lokalen Mythen und Erzählungen. Sie entwirft Erzählungen von alltäglichen Orten, Menschen und ihren Geschichten, denen sie auf ihren Reisen und Artist-Residencies begegnet. 2016 hat sie ihren ersten Kurzfilm “I’m A Stranger Here Myself” gedreht. “Pa Va Hêng, The Dust Of Modern Life” (2021, 16 mm, 82′) feierte im Juli 2021 auf FID Marseille im Wettbewerb seine Weltpremiere und seine Deutschlandpremiere im Oktober 2021 im deutschen Wettbewerb des DOKfest Leipzig.
Eintritt 3 Euro / erm. 1,50 Euro / Mitglieder frei